Acht von zehn Urlaubsgästen informieren sich im Internet, wenn sie vor der Frage stehen, wohin die nächste Reise gehen soll und was sie dort erleben wollen. Mindestens ein Drittel davon bucht den Ferienaufenthalt auch gleich via Mausklick. Und immer mehr berichten anschließend von ihren schönen und weniger schönen Erlebnissen, indem sie Bilder auf Facebook posten oder Kommentare auf einer der vielen Bewertungsplattformen abgeben. Auch der Tourismus ist längst im digitalen Zeitalter angekommen. Für Österreich als Tourismusland ergeben sich daraus viele neue Herausforderungen, zugleich eröffnen die neuen digitalen Möglichkeiten neue Chancen. Zu diesem Resümee kam eine hochkarätige Podiumsrunde beim 7. Casinos Austria Tourismus Talk am Montag, 17. Oktober im Casino Kleinwalsertal, zu der Casinos Austria Vorstandsdirektor Prof. Mag. Dietmar Hoscher und Casino Kleinwalsertal Direktor Bernhard Moosbrugger geladen hatten.
Unter der Leitung des Chefredakteurs der Fachzeitschrift Tourist Austria International, Mag. Christopher Norden, diskutierten
– der Generalsekretär der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV) Dr. Markus Gratzer,
– der CEO des Beratungsunternehmens Servus Tourismuspartner Mag. Alexander Fritsch,
– die Geschäftsführerin der Kleinwalsertal Tourismus Genossenschaft Anne Riedler MBA B.A.,
– der Vizepräsident der Österreichischen Hoteliervereinigung Mag. Gregor Hoch,
– sowie als Gastgeber Casinos Austria Vorstandsdirektor Prof. Mag. Dietmar Hoscher.
ÖHV-Generalsekretär Gratzer wies in seinem Impulsstatement darauf hin, dass Österreich beim Einsatz digitaler Informations- und Vertriebsinstrumente im Tourismus ursprünglich führend gewesen war – Tiscover war eine der ersten umfassenden Destinations-Webplattformen, auch die Echtzeitbilder von Wetterkameras wurden zuerst in österreichischen Skigebieten zur Information von Gästen genutzt. Mit dem raschen Boom der Bookingportale vor rund 8-10 Jahren ging dieser Vorsprung aber verloren – die heimische Tourismusbranche fiel gewissermaßen in einen „Dornröschenschlaf“. Heute beherrschen einige große Anbieter den Markt, zudem hat sich der Wettbewerb immer stärker in Richtung Preiswettbewerb verlagert. Dieser Dominanz müssen Anbieter wie auch Regionen eigenen Web-Content und eigene Online-Buchungsmöglichkeiten entgegenhalten, so Gratzer, denn die Bedeutung von Online- und mobilen Medien im Tourismus werde insgesamt weiter zunehmen.
Die Geschäftsführerin der Tourismusorganisation des Kleinwalsertals, Anne Riedler, griff das Bild vom Dornröschenschlaf auf und meinte:
“Wir müssen den Tourismus im Bereich Digitalisierung nicht wachküssen, sondern mit einem unsanften Tritt wachrütteln.” Vor allem kleinere Betriebe könnten sehr davon profitieren, wenn sie ihre Angebote nicht nur im Internet präsentieren, sondern direkt online buchbar machen. Das Webportal der Region Kleinwalsertal hat es ebenfalls zum Prinzip erhoben, dass jedes dort beworbene Produkt auch sofort zu kaufen sein muss – mit dem Ergebnis, dass die direkten Buchungen über die Webseite, deren Hauptaufgabe eigentlich die Information ist, pro Jahr um das Fünffache zugenommen haben.
“Hotels und andere Anbieter sind gefordert, mit den Möglichkeiten des Internet Schritt zu halten”, betonte auch Tourismus-Berater Alexander Fritsch und nannte Bewertungen von Gästen, die im Web gepostet werden, als wichtiges Marketinginstrument. Diese Bewertungen werden von vielen Tourismusbetrieben nicht sonderlich geschätzt, weil dort oft auch emotional gefärbte negative Stimmen laut werden. Fritsch hat jedoch im Rahmen einer Studie herausgefunden, dass Hotels höhere Raten an Online-Buchungen erzielen, wenn sie Gästebewertungen – positive wie auch negative – in ihre Webseiten integrieren.
Die Sicht des Hoteliers brachte schließlich ÖHV-Vizepräsident Gregor Hoch ein: Digitalisierung ist nicht nur ein Vertriebsinstrument, sondern hilft auch, bei der besseren Organisation des Hotelbetriebs selbst, von der Kommunikation zwischen den Mitarbeitern bis zur Warenwirtschaft (“Ein Hotelfrühstück umfasst rund 500 Einzelpositionen – die müssen laufend gemanagt werden”). Dennoch dürfe nicht vergessen werden, dass die heutigen und künftigen digitalen Möglichkeiten “nur Tools sind, nicht das eigentliche Produkt”. Das Produkt des Tourismus, so Hoch, bleibt weiterhin das persönliche Erlebnis, zu dem neben Landschaft, Kulinarik und Kultur vor allem der menschliche Kontakt und die menschliche Begegnung gehören.
“Casinos Austria setzt in seiner Werbelinie ebenfalls seit einiger Zeit auf den Faktor ‘Das Erlebnis'”, erläuterte Casinos Austria Vorstandsdirektor Dietmar Hoscher. Da die 12 Casinos von Casinos Austria in ihren Regionen wichtige Anbieter und Leitbetriebe für den jeweiligen Tourismus darstellen, sind sie von den Herausforderungen durch die Digitalisierung ebenfalls betroffen. Hoscher rief dazu auf, dass sich die Anbieter noch stärker vernetzen sollen, um ihre Stärken zu bündeln. Zudem soll es das Ziel sein, möglichst viel vom Angebot einer Region zu digitalisieren – “dazu gehört vor allem auch das kulturelle Angebot, die Veranstalter sollen im Schulterschluss die Chancen ergreifen, die das Internet und die mobile Kommunikation bieten. Digitalisierung und Innovation sind kein Selbstzweck, sondern müssen mit materiellen Inhalten aufgeladen werden.”